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Paul-Ehrlich- und Ludwig-Darmstaedter-Preis 2022

Die Biochemikerin Katalin Karikó, die Ärztin Özlem Türeci und der Arzt Uğur Şahin werden mit dem Paul-Ehrlich- und Ludwig-Darmstaedter-Preis 2022 ausgezeichnet. Das gab der Stiftungsrat der Paul-Ehrlich-Stiftung im Sept. 2021 bekannt. Die 3 Preisträger werden für ihre Erforschung und Entwicklung von messenger-RNA (mRNA) zu präventiven und therapeutischen Zwecken ausgezeichnet. Sie haben eine Technologieplattform etabliert, die in Teilbereichen der Medizin einen Paradigmenwechsel einleiten dürfte – von einer externen Applikation von Impfantigenen oder therapeutisch wirksamen Proteinen hin zu deren interner Produktion in den Körperzellen der Patienten. Als großer Erfolg hat sich dabei die schnelle Entwicklung eines hochwirksamen Impfstoffs gegen die Coronavirus-Krankheit COVID-19 erwiesen, der bei der weltweiten Eindämmung der SARS-CoV2-Pandemie eine entscheidende Rolle spielt.

Karikó verfolgte in den 1990er-Jahren ihr Ziel, durch Einbringung von mRNA in lebende Zellen die Produktion von Proteinen anzuregen, an denen es Patienten ganz oder teilweise mangelte, z. B. bei einer Erbkrankheit wie der Mukoviszidose. Sie war vom prinzipiellen Vorteil solcher Proteinersatztherapien überzeugt. Denn anders als DNA-Therapeutika muss die mRNA nicht in den Zellkern gelangen, um ihre Wirkung zu entfalten. Anders als die mit Mutagenitätsrisiko behafteten DNA-Therapeutika integriert sich RNA nicht in das Genom ihrer Zielzelle und ist nur vorübergehend aktiv, weil sie sehr schnell abgebaut wird. Vielen Widrigkeiten zum Trotz gelang Karikó, die an der University of Pennsylvania forscht, schließlich ein entscheidender Durchbruch: Sie entdeckte, wie sich die körpereigene Abwehrreaktion gegen synthetische mRNA ausschalten und damit die intrazelluläre Proteinproduktion deutlich erhöhen ließ.

Şahin und Türeci kommen aus der Krebsforschung. Sie fokussierten sich an der Universität des Saarlandes und der Universität Mainz seit Mitte der 1990er-Jahre darauf, Krebsimpfstoffe zu entwickeln, die dem Immunsystem eines Patienten die Antigene seines eigenen Tumors präsentieren, damit es diesen zerstöre. Sie entschieden, dass die Gabe von mRNA, die die Baupläne von Tumorantigenen trug, dafür am besten geeignet sein würde. Ende der 1990er-Jahre begannen sie, mRNA so zu optimieren, dass sie als Krebsvakzin verimpft werden konnte. In jahrelanger Forschungsarbeit veränderten sie eine Vielzahl struktureller Komponenten der mRNA mit äußerster Präzision, wodurch sie sowohl deren intrazelluläre Stabilität als auch deren Translationseffizienz signifikant steigerten und damit einen alternativen Lösungsansatz entwickelten, der niedrigen Proteinproduktion entgegenzuwirken. Mit den 2006 publizierten Ergebnissen dieser Arbeit gingen sie im selben Jahr als Sieger aus dem ersten Go.Bio-Wettbewerb des Bundesministeriums für Bildung und Forschung hervor, was sie zur 2008 erfolgten Gründung von BioNTech motivierte.

Katalin Karikó

Özlem Türeci

Uğur Şahin

pharmind 2021, Nr. 11, Seite 1422